Im Hauptberuf habe ich viele Jahre für den SWR gearbeitet, vor 1998 (seit September 1974) für den SDR. Seit April 2015 bin ich frei für meine eignen Pläne.
2011 wurde eine Aufgabe angefragt, die ich ohne meine Erfahrung im eigenen Studio und die Mithilfe von Arnie Lauer nicht hätte "an Land ziehen können": Das Remastering alter Archivbestände aus Aufnahmen von "Treffpunkt Jazz" von Dieter Zimmerle im SDR und "JazzTime" von Joachim Ernst Behrendt im SWF, eine Zusammenarbeit der SWR media mit dem Label jazzhaus, Halle, maßgeblich initiert und meisterlich ausgeführt über einen ehemaligen SDR-Mitarbeiter und Jazzenthusiasten, Ulli Pfau. Daraus hat sich eine Serie mit hohem Anspruch und gediegener optischer Präsentation entwickelt, auf die man als Mitarbeiter durchaus stolz sein kann.
Dieter Zimmerle und seine Mitarbeiterin Gudrun Endress kenne ich noch aus der persönlichen Zusammenarbeit bei den Konzerten, J. E. Behrendt habe ich bei einer Hommage anlässlich der jazz open 1998 kennengelernt. Zwei ganz unterschiedliche Menschen, aber Männer mit Visionen und der Fähigkeit, diese auch umzusetzen. Respekt und Verbeugung vor dem, was sie geleistet haben und dem Vermächtnis, das sie uns hinterlassen haben !
In der Zwischenzeit hat es leider einige Turbulenzen und Verschiebungen im kreativen Bereich gegeben, infolgedessen Ulli Pfau nicht mehr dabei ist.
Leider, denn inzwischen weiß ich, daß es ohne ihn nicht weitergehen konnte
Die SWR Media hat das Projekt noch mit ein paar von ihm initierten Produktionen, mit einem neuen Redakteur und einem neuen Vertrieb weiterlaufen lassen. Aber es fehlte der Motor, die Seele des Ganzen, der Mann, der in den Archiven gesucht hat und fündig geworden ist.
Bisher bei jazzhaus erschienen sind:
Zoot Sims Baden-Baden, Dizzy Gillespie Quintet, Cannonball Adderley Quintet, Jutta Hipp, Oscar Pettiford, Duke Ellington Orchestra, Albert Mangelsdorff Quintett, Gerry Mulligan Sextet, The Modern Jazz Quartet und Chet Baker, Benny Goodman Orchestra - Doppelvinyl.
Duke Ellington Orchestra, Art Blakey an the Jazz Messengers, Zoot Sims Baden-Baden, Benny Goodman Orchestra, Cannonball Adderley Quintet, Jutta Hipp, Albert Mangelsdorff Quintett, Oscar Pettiford, Gerry Mulligan Sextet, Dizzy Gillespie Quintet, Orchester Kurt Edelhagen, Volker Kriegel, The Modern Jazz Quartet und Hans Koller & Friends.
In diesem Zusammenhang freue ich mich besonders über ein Statement des "downbeat": "recordings have been lovingly remastered from the original master tapes ..."
Auf Constantine Soo´ s dagogo Seite heißt es über die Veröffentlichung von Oscar Pettiford:
"This new release from Jazz Haus features inventive and interesting music, well recorded, expertly mastered and pressed on 180 gram vinyl."
Die Juroren der Vereinigung
Preis der deutschen Schallplattenkritik
werten die Produktion
Bigbands Live. Orchester Kurt Edelhagen feat. Mary Lou Williams And Caterina Valente. Jazzhaus 101718
, die wir mit arthaus neu heraus gebracht haben, als eine der künstlerisch herausragenden Neuveröffentlichungen des Tonträgermarktes im vergangenen Quartal und zeichnen sie daher aus durch Aufnahme in die
Bestenliste 4 / 2013
Ende 2012 zur Jutta Hipp Retrospektive bei den Berliner Jazztagen haben wir (Andrea Walz und das Team von SWR - Media) eine Vinyl-Edition mit verschollenen Bändern dieser Ikone des deutschen Nachkriegs-Jazz bearbeitet. Überaus hörenswert sind diese Sessions mit u.a. Hans Koller und Joki Freund ...
In 2013 sind das Modern Jazz Quartet, Volker Kriegel und Chet Baker dazugekommen. Wobei leider der überwiegende Anteil der Aufnahmen (von Chet Baker) in der Zwischenzeit verschollen ist, gelöscht schon in den 60er Jahren auf Vermerk eines offensichtlich kulturfremden Archivleiters. Preziosen wie das Duokonzert Albert Mangelsdorff mit Chet Baker. Immerhin existiert noch eine begeisterte Kritik der Presse !
Umwerfende Wiederentdeckung einer legendären Aufzeichnung des Ausnahmekünstlers Louis Satchmo Armstrong bei einem Konzert von 1959 in der Liederhalle.
Bei allem Respekt vor den Leistungen aller Beteiligten, aus den Bild- und Tonfragmenten ein zeitgemäßes Erlebnis zu machen will ich hier vor allem einen in Erinnerung rufen: Ulli Pfau, der Mann, der die Archive durchforstet hat und die Aufbereitung in die Wege geleitet hat. Danke Ulli !!
Und wie bei all den Aufnahmen aus den 50er, 60er Jahren bin ich immer wieder überwältigt von der immensen Intensität dieser Einspielungen. Sie sprechen direkt ins Herz, was natürlich zunächst mal mit der geistigen Kraft jener Epoche zu tun hatte. Kein Wohlfühl- oder Kuschelkurs, keine Gender- oder Gleichstellungsbeauftragten, alles ging tongewaltig direkt raus, ohne Filter - was nicht heißen will, das da kein Intellekt, Verständnis oder Zärtlichkeit sein konnten.
Die Toningenieure hatten meist nur wenige (Röhren-)Mikrofone im Einsatz, die Mischpulte hatten nur wenige Kanäle und einfache, aber musikalisch greifende passive Klangreglung, meist keine Kompressoren, erst recht keine Gates. Hall gab es höchstens von der EMT 140, AKG BX 15/20 oder vom Hallraum - da existiert die schöne Bill Putnam Geschichte vom improvisierten Hallraum auf der Herrentoillette. Was für Zeiten ! Wenn man eine elektronische Form der Performance suchte, hat man sie erfunden und nicht ein PlugIn gekauft. Aber vielleicht ist es genau das, was den Charme alter Aufnahmen ausmacht: die Kreativität, die Umsetzung selbsterlebter Qualitätsmaßstäbe und die Reduzierung auf das Wesentliche ! Denn alles war im Fluss, es entstanden neue Formen und mehr als zuvor begannen sich verschiedene Kunstformen zu beeinflussen. Und in deren Gefolge kam auch das Mittelmaß.
Wie war das: Vor einiger Zeit hat man doch in den Abbey Road Studios eine Hommage an die Beatles unter Originalbedingungen aufnehmen wollen. Also kein silbengenaues Einsteigen, oder Protools-Editing. Bon Jovi ist gleich wieder heim gefahren. Und wie hört sich das Ergebnis vom Rest an ?
Die Musik jener Zeit hat auch einen ganz speziellen Geist, eine Art gespannter Atmosphäre, eine Aufgeladenheit mit kindlich naiver Erwartung, die sie so besonders macht. Diese Situation lässt sich heute nicht mehr nachstellen, alle Repliken, Covers sind artifiziell, nachgerade virtuell enthoben. Wir sind nicht mehr am Kern des Wesens. Und um zum Wesentlichen vorzudringen, gilt:
Die Originale sind unsere Messlatte !
Aber ich will nicht ganz ungerecht und nur rückwärts gewandt sein: Es gibt immer noch und immer wieder Ausnahmekünstler, die man vor ein Mikrofon stellt und es entsteht eine Aufnahme, die es wert ist, auch nach Jahren noch mit Begeisterung angehört zu werden.
Wenn es das heute nicht mehr gäbe, würde es für unsere Göttin, Frau Musika (zu der ich keine URL habe) sicher langweilig werden - und wer weiß, was sie dann anstellen würde ??
Da ich im Dezember 2014 meine Arbeit beim SWR, vormals Süddeutscher Rundfunk, beendet habe, ist es an der Zeit, die Früchte meines Tuns Revue passiern zu lassen. Dabei ist einer ganz wichtig gewesen, Jogi Rathfelder, alter Freund, musikalischer Wegbegleiter und jetziger Musikchef SWR1, der viele dieser wichtigen Aufnahmen erst ermöglicht hat.
Durch ihn und auch durch das Glück, in einer kreativen und von finanziellen Sorgen ungetrübten Zeit zu leben, hatte ich das Glück, mit Künstlern zu arbeiten, die Zeitgeschichte gemacht haben. Wenn ich die Aufnahmen heute höre, steigt mir ein Stolz in die Brust, den mir keiner nehmen kann.
Wichtige Wegbegleiter in der Klanggestaltung vor Ort waren Peter Braun (Danke Peter, Du warst einfach SUPER !!), Detlef Degener und Erich Ebert von der Ü-Technik, später auch Uli Meiburg und Karl-Heinz Simmerlein +, seit kurzem auch Bernfried Runow. In der Studiotechnik mein alter Freund Jürgen Frehse, Doris Hauser, Johannes Steuer und Karl-Heinz Runde, seit ein paar Jahren auch Volker Neumann, beim RSO dann auch Martin Vögele und Burkhard Pitzer-Landeck..
In den 80er Jahren habe ich viele Veranstaltungen wie Espresso, Treff nach 12, usw. organisiert und aufgenommen für Gisela Böhnke, die damals noch für Radio3-Südfunk Stuttgart moderierte (ich war im Übrigen sehr froh, dass ich der Arbeit mit der BigBand, die ich für nicht zeitgemäß hielt, etwas entkommen konnte). Da die Kopiermöglichkeiten auf der digitalen Ebene damals noch nicht vorhanden waren, verblieben die Bandkopien bei ihr - wo sie aber nicht gut aufgehoben waren. Auf Nachfrage erklärte sie mir in den 90er Jahren, als ich hätte auf DAT kopieren wollen: Ich habe meinen Schrank längst aufgeräumt, da könnte ich ja viel aufheben, ... wen interessiert schon der Kram der vergangenen Jahre, ... Rundfunk muss aktuell sein.
So ist das. Ich meine ja, daß wir auch einen Auftrag für zeitgeschichtliche Dokumentation haben, aber wer versteht schon etwas von historischen Zusammenhängen in unserer schnellebigen Zeit ?
Da ich in der Arbeit mit der Bigband mit meinen antiquierten Vorstellungen als Produzent zunehmend überflüssig, ja störend wurde, habe ich 2008 den Entschluss gefasst, mich verstärkt der Arbeit mit dem Radio Sinfonie Orchester und der Kammermusik zu widmen. In diesem Bereich habe ich erfreuliche Zusammenarbeit finden können bei Martin Vögele, Burkhardt Pitzer-Landeck und Karl-Heinz Runde, mit dem ich schon in der U-Musik gern kooperiert habe.
Einer von der Ü-Technik ist mir auch noch ans Herz gewachsen: Bernfried Runow, neben Wilfried Wenzl und all den anderen , die ich nicht alle erwähnen kann..